Neuraltherapie nach Huneke
Was ist die Neuraltherapie?
Es handelt sich um ein eine Therapieform, die durch Spritzen von Procain, einem kurzwirksamen Lokalanästhetikum, Schmerzen, Verspannungen und Blockaden im optimalen Fall dauerhaft löst.
Es findet eine Regulation im Körper statt, weil der dauerhafte (Schmerz-) Reiz unterbrochen wird, der Organismus sich wieder selbst reguliert und das Nervensystem ins Gleichgewicht bringt. Das klingt ähnlich wie wenn Sie den Computer resetten, wenn er sich aufgehängt hat, aber genau das passiert.
Es gibt Formen zu behandeln:
- lokal: schnelle Schmerzlinderung an Sehnenansätzen, Knochenhaut, Gelenken und Muskelverhärtungen
- segmental: im Wirkbereich eines Nervens mit Auswirkung auf innere Organe und Anregung des Heilungsprozesses dort
- Störfeld: Suche nach der Stelle, die die Fähigkeit des Körpers zur Selbstregulierung blockiert. Im besten Fall kann es zum „Sekundenphänomen“ kommen, bei dem zeitlich mit der Behandlung die Beschwerden an anderer Stelle sofort verschwinden.
Die Entdeckung der Neuraltherapie
Die Arztbrüder Dr. Ferdinand und Dr. Walter Huneke hatten schon lange versucht, die schwere Migräne ihrer Schwester zu lindern. Bis eines Tages im Jahr 1925 Ferdinand Huneke seiner Schwester eine Ampulle Atophanyl in die Vene spritzte. Er hatte von der guten Wirkung des Mittels gegen Schmerzen gehört. Noch während der Injektion schwand die Migräne, seine Schwester war im gleichen Moment von der Migräne geheilt.
Ferdinand Huneke konnte es gar nicht fassen, so viel hatten er und sein Bruder schon bei ihrer Schwester probiert. Er diskutierte mit seinem Bruder Walter. Sie fanden heraus, dass es das Mittel in zwei Varianten gab, eine, die für die Injektion in die Vene und eine, die für die Injektion in den Muskel bestimmt war. Das Mittel, das für die Injektion in den Muskel bestimmt war, enthielt als Zusatz Procain, das etwa 20 Jahre zuvor als erstes Mittel für örtliche Betäubungen entwickelt worden war.
Sehr schnell kamen Ferdinand und Walter Huneke auf die Idee, dass es das Procain gewesen sein könnte, welche die sensationelle Heilung bei ihrer Schwester hervorgerufen hat. Bisher hatte man geglaubt, dass die Injektion von Procain in die Vene gefährlich sein könnte. Die beiden machten weitere Versuche mit der Procainlösung.
1928 veröffentlichten sie eine Arbeit unter dem Titel "Unbekannte Fernwirkungen der Lokalanästhesie". Es zeigte sich, dass das Medikament nicht über das Blut wirkte, denn die Injektion neben die Vene brachte den gleichen Erfolg.
Sehr schnell war die Idee geboren, dass es sich um eine Wirkung über das Nervensystem handeln könnte.
Heute wissen wir, dass auch die Wirkung über ein schnelles Informationssystem des Körpers, die Matrix (Zwischenzellraum), eine entscheidende Rolle für die Wirkung der Neuraltherapie spielt.
Das Sekundenphänomen
Huneke selbst schildert das erste Sekundenphänomen wie folgt:
"... Nach 14 Tagen erschien die Patientin noch einmal in meiner Sprechstunde, zeigte mir ihr Schienbein in leicht entzündlichem Zustand und fragte mich, ob ich nicht wenigstens das in Ordnung bringen könne. Das war eine ganz andere Aufgabe (sie war eben zwei Wochen zuvor wegen starker Schmerzen im linken Schultergelenk von Breslau zu ihm nach Düsseldorf gekommen).
Es galt also die tiefliegende Entzündung im Schienbein über das Segment zu beseitigen. Zu diesem Behufe (=Zwecke) machte ich 5 oder 6 Quaddeln in die alte Operationsnarbe. Als die Patientin aufstand, war das Schultergelenk der anderen Seite vollkommen schmerzfrei und beweglich. Das war eine so absonderliche Beobachtung außerhalb des Rahmens jeder bisherigen Denkmöglichkeit …"
(aus: Ferdinand Huneke: Das Sekundenphänomen. Ulm 1961, 6. Aufl. 1989)
Offensichtlich war ein "Störfeld" die Ursache der Beschwerden: jedes Gewebe, dass durch frische oder abgelaufene Entzündungen, Verletzungen oder Narben verändert ist, kann zum Störfeld werden.
Störfelder können – wie ein Störsender – die normale Funktion des Körpers behindern. Durch Umspritzung mit Procain können Störfelder aufgehoben werden, dadurch können manchmal langjährig bestehende Leiden geheilt werden.
Übrigens haben Kenner der Materie in der Schilderung vielleicht noch ein zweites typisches Phänomen in der Neuraltherapie entdeckt: Die Entzündung am Unterschenkel entstand nach der Procain-Behandlung am Schultergelenk. Das Störfeld hat sich nach der Behandlung im Segment "gemeldet" (Retrogrades Phänomen nach Hopfer).
Der neuraltherapeutische Arzt ist darauf angewiesen, dass sein Patient nach einer Behandlung ihm genau berichtet, was er im Körper bemerkt hat. Wäre die Breslauer Patientin nicht noch einmal zu Dr. Huneke gefahren, das Störfeld wäre unentdeckt geblieben und der Schmerz in der Schulter wäre vermutlich nicht verschwunden.
Es muss nicht immer ein Sekundenphänomen sein! Jeder neuraltherapeutische Arzt und jeder betroffene Patient ist immer wieder begeistert, wenn es auftritt. Leider ist das Huneke-Phänomen, wie es auch genannt wird, kein Alltag. Auch in der Neuraltherapie führen viele Wege nach Rom. Viel häufiger treten zum Beispiel Besserungen der Beschwerden von Behandlung zu Behandlung ein, bis sie schließlich verschwunden sind.
Der Wirkmechanismus
Der Pathologe Ricker beschrieb schon 1932 die Art und Weise, wie die kleinen Nervenfasern des Sympathikus, mit denen alle Arterien reichlich versorgt sind, auf den Blutfluss in den Gefäßen wirken. Ricker bewies die Abhängigkeit der Entstehung von Erkrankungen der Organe vom Reizzustand des Sympathikus. Er zeigte in seinen Experimenten, dass ein krankmachender Reiz, der zu Veränderungen in den Körpergeweben führt, primär nicht an der Zelle, sondern am Sympathikus ansetzt.
Ricker formulierte sein "Stufengesetz". Demzufolge führen schwache Reize zu einer Gefäßerweiterung und Beschleunigung des Blutflusses, mittlere Reize zu einer Gefäßverengung und zu Sauerstoffmangel im Gewebe, starke Reize zu einer Aufhebung des Blutflusses und Gewebsuntergang. Ein permanent leicht erhöhter Reizzustand des Sympathikus im Bereich von Gefäßen, die zum Beispiel ein Gelenk versorgen, verursacht eine leichte Minderdurchblutung in den Gelenkstrukturen. Damit sind die Voraussetzungen für die Degeneration, für die Entstehung von Gelenkschädigungen, gegeben. Gleichzeitig muss davon ausgegangen werden, dass minderdurchblutetes Gewebe eher zur Entstehung von Schmerzen neigt.
Procain, unser Neuraltherapeutikum, sorgt für eine länger anhaltende Durchblutungssteigerung im Gewebe. Durch kurzzeitige Unterbrechung der Nervenleitung in den umspritzten Sympathikusfasern kommt es häufig zu einer Normalisierung der Funktion der Sympathikusfasern in der Gefäßwand und damit zu einer Normalisierung der Durchblutung. Es findet – grob gesprochen – ein "Reset" statt, ungefähr so, als ob Sie Ihren Computer neu starten, wenn schwer beherrschbare Probleme auftreten.
Neuraltherapie kann den Blutfluss im Gelenk anhaltend verbessern. Faszinierend ist die von Dr. med. Hans Barop (Unfallchirurg und Neuraltherapeut aus Hamburg) dokumentierte Tatsache, dass durch die Verbesserung des Blutflusses die Degeneration im Gelenk gestoppt, ja, manchmal sogar teilweise rückgängig gemacht werden kann.
Die Kosten
Die Neuraltherapie ist keinen Kassenleistung und somit müssen die Kosten (20-50 Euro/Behandlung) selbst getragen werden.